Vereinfachte Regeln für Balkonkraftwerke fix ab 2024

In Deutschland gibt es zahlreiche Hürden und Gesetze, welche den Betrieb eines Balkonkraftwerks (Stecker-Solaranlage) unattraktiv machen. Das könnte sich bald ändern: Bereits im Januar hat sich der VDE in einer Pressemitteilung für vereinfachte Regelungen bei Balkonkraftwerken ausgesprochen. Das Positionspapier enthält folgende Vorschläge:

  • Einführung einer Bagatellgrenze bis 800 Watt
  • Jeder Stromzähler soll für Balkonkraftwerke erlaubt sein
  • Vereinfachung der Anmeldung
  • Duldung des Schuko Stecker bis 800 Watt
  • Hersteller sollen Risiken transparent aufzeigen

Nun scheint es endlich soweit zu sein, dass auch die Bundesregierung auf die Vorschläge des VDE eingeht und diese in die Tat umsetzt. In einem 40-seitigen Dokument hat die Bundesregierung die geplante Photovoltaik Strategie für 2023 veröffentlicht. Der vorliegende Entwurf der PV-Strategie des BMWK wurde am 10.03.2023 von Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck im Rahmen eines ersten PV-Gipfels mit Vertretern aus Bundesund Landesministerien und Verbänden diskutiert und im Anschluss der Öffentlichkeit vorgestellt.

Am 26.07 wurde nun das Solarpaket 1 veröffentlicht, in dem die kommenden Gesetzesänderungen zusammengefasst wurde. Weitere Infos beim BMWK.

Das soll sich für Balkonkraftwerke bald ändern:

Die Ausgangssituation wird folgendermaßen definiert: Balkonkraftwerke bieten eine einfache Möglichkeit an der Energiewende teilzunehmen. Als Kleinsterzeugungsanlagen gelten derzeit Stecker-Solaranlagen bis zu einer Grenze von 600 Watt Einspeiseleistung. Laut Branchenangaben sind derzeit über 250.000 Balkonkraftwerke in Deutschland in Betrieb. Davon wurden lediglich rund 120.000 Anlagen bei der Bundesnetzagentur angemeldet.

Mit der Senkung der Mehrwersteuer auf 0% für Photovoltaik zu Beginn des Jahres, sowie die Abschaffung der 70% Regelung wurden bereits die ersten Schritte in die richtige Richtung gemacht. Die Nachfrage nach kleinen Kraftwerken geht seitdem steil bergauf.

Das sind die nächsten Schritte und Maßnahmen für die erleichterung von Balkon-Solaranlagen:

  • Meldepflichten vereinfachen oder streichen
  • Schukostecker als “Energiesteckvorrichtung” ebenfalls zulassen
  • Aufnahme von Steckersolar in den Katalog privilegierter Maßnahmen im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
  • Schwelle von 600W auf 800W erhöhen
  • Rückwärtsdrehende Zähler vorübergehend dulden, bis Zähler getauscht ist

1. Meldepflicht beim Netzbetreiber entfällt

Das Ziel ist es, die bürokratischen Hürden aus dem Weg zu räumen. Bisher muss man ein Balkonkraftwerk beim Marktstammdatenregister und beim Netzbetreiber anmelden. Die Bundesregierung will diese “Doppelmeldung” streichen. Es ist davon auszugehen, dass Stecker-Solaranlagen zukünftig nur mehr einmal zentral gemeldet werden müssen. Konkrete Details folgen noch…

Außerdem wurde bereits mitgeteilt, dass die Anmeldepflicht beim Netzbetreiber ab 2024 entfallen wird. Man muss das Balkonkraftwerk zukünftig nur mehr bei der Bundesnetzagentur anmelden, was bereits ein großer Fortschritt ist.

2. Schukostecker als Anschluss ebenfalls zulassen

Einer der größten Vorteile eines Balkonkraftwerks ist der Plug & Play (einfach anschließen und loslegen) Aspekt. Obwohl der Anschluss per gewöhnlichen Schuko Stecker bereits geduldet wird, will die Bundesregierung dieses Thema nun offiziell in die Produktnorm DIN VDE V 0126-95 aufnehmen. In der Photovoltaik Strategie wird erwähnt, dass bei Wechselrichtern mit NA-Schutz das Stromschlagrisiko und die Brandgefahr vergleichbar mit anderen Haushaltsgeräten ist – nämlich sehr gering.

Der Anschluss über Mehrfachsteckdosen (Verteiler) soll weiterhin nicht erlaubt sein. Geplant ist möglicherweise ein Hinweis auf dem Kabel, damit die Gefahren transparent für jeden ersichtlich sind.

3. Grenze auf 800 Watt Einspeiseleistung erhöhen

Der wichtigste Punkt: Die Bundesregierung will nun endlich die lästige 600W Grenze für Wechselrichter erhöhen. Die EU-Verordnung „Requirements for Generators“ besagt, dass eine Erzeugungsanlage bis 800 Watt Einspeiseleistung für das Stromnetz nicht relevant ist. Den einzelnen EU-Ländern ist es aber gestattet, eigene Regelungen zu treffen, weshalb in Deutschland bislang nur 600W als Obergrenze gelten.

Zudem wird man in Zukunft Solarmodule mit bis zu 2000 Watt Spitzenleistung betreiben dürfen, solange der Wechselrichter auf 800 Watt begrenzt ist. Das ermöglicht es, bei schwachen Lichtverhältnissen oder Wolken mehr Ertrag mit dem Balkonkraftwerk zu erzielen.

Was heißt das nun für bestehende Anlagen? Sollte man seinen Wechselrichter auf 800W upgraden?

Die gute Nachricht: Falls Sie bereits ein Balkonkraftwerk mit 600W Wechselrichter gekauft haben, ist das in den meisten Fällen gar nicht notwendig. Angenommen Sie besitzen ein Balkonkraftwerk mit 800W Spitzenleistung und einem 600W Wechselrichter. Dadurch, dass die Leistung der Solarmodule höher ist, als die des Inverters, kann die Anlage bzw. der Wechselrichter effizienter arbeiten. Dieser ist nämlich am effizientesten, wenn er 100% ausgelastet ist.

Sollten Sie nun für Ihre 800W Solarmodule einen 800W Wechselrichter anschaffen, so würde dieser fast nie auf 100% Auslastung kommen und immer im Teillastbereich arbeiten. Somit würde sich ein Upgrade nicht lohnen.

Manche Hersteller, wie beispielswise Priwatt, Kleines Kraftwerk und Solakon, bieten auch Balkonkraftwerke mit einem WLAN Wechselrichter an. Diese können auf 600W gedrosselt werden und sobald die Gesetze fixiert sind, per Update ganz einfach auf 800W angehoben werden. Damit ist kein Tausch des Wechselrichters notwendig und es fallen keine weiteren Kosten an.

Am häufigsten wird derzeit das Priwatt priFlat Duo XL gekauft, da es eine Leistung von 1070 Watt hat, sowie einen 800W Wechselrichter, der auf 600W gedrosselt wird. Aufgrund der Größe der Solarmodule darf die Anlage allerdings nur im Garten aufgestellt, und nicht am Haus befestigt werden.

4. Vereinfachte Regelungen für Mieter & Mieterinnen

Derzeit gibt es immer wieder Meldungen, in denen es darum geht, dass der Vermieter den Betrieb bzw. die Montage einer Balkon-Solaranlage nicht erlaubt.Im Absatz “Aufnahme von Steckersolar in den Katalog privilegierter Maßnahmen im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)” geht es darum, mögliche Hürden für Mietende und Wohnungseigentümer aus dem Weg zu räumen. Mit Aufnahme in den Katalog privilegierter Maßnahmen hätten Wohnungseigentümer und Mieter einen Anspruch auf Zustimmung für den Betrieb eines Balkonkraftwerks.5. Rückwärtsdrehende Zähler vorrübergehend duldenWer bisher mehr als 4% des erzeugten Stroms in öffentliche Stromnetz eingespeist hat und dabei einen veralteten Ferraris Zähler besitzt, hat sich theoretisch strafbar gemacht. Die Bundesregierung will nun für den Betrieb einer Balkon-Solaranlage auch rückwärtsdrehende Stromzähler dulden – Dies soll solange geduldet werden, bis der Verteilnetzbetreiber geprüft hat, ob ein neuer Zähler (im Regelfalleine moderne Messeinrichtung mit Zweirichtungszähler) erforderlich ist und dieser ggf. installiert wird.Ein dauerhafter Betrieb bei einem rückwärtsdrehenden Stromzähler ist nicht geplant, da es nicht sachgerecht wäre.

euste Informationen zum Gesetz vom Juli 2023 bestätigen, dass der Netzbetreiber künftig vier Monate Zeit hat, um alte Stromzähler bei der Nutzung eines Balkonkraftwerks auszutauschen. Du bist nicht verpflichtet, Kontakt mit deinem Netzbetreiber aufzunehmen, da die Anmeldung nun ausschließlich über die Bundesnetzagentur erfolgt. Der Netzbetreiber muss sich dort informieren, um herauszufinden, welche Zähler ausgetauscht werden müssen. Innerhalb dieser Frist darfst du das Balkonkraftwerk anschließen, selbst wenn der Zähler noch nicht vom Netzbetreiber ausgetauscht wurde.

Der neue Gesetzesentwurf sieht eine vorübergehende Akzeptanz der Rückwärtsdrehung alter Zähler vor. Daher kann es für dich sogar finanziell vorteilhaft sein, wenn dein Netzbetreiber aufgrund der hohen Nachfrage Zeit für den Austausch deines Zählers benötigt. Immerhin ist jede überschüssig eingespeiste Kilowattstunde bei einem alten Ferraris-Zähler etwa fünfmal so viel wert wie die Einspeisevergütung von großen Dachanlagen.

Ab wann gelten die neuen Regeln?

Wie wir erfahren haben, ist der Gesetzesentwurf aktuell in der Resortabstimmung. Sobald dort eine Zustimmung erfolgt, wird die 800 Watt Regelung frühestens ab 01. Januar 2024 in Kraft treten. Im Gesetzesentwurf steht, dass die Einspeiseleistung des Wechselrichters maximal 800 Watt betragen darf. Die Leistung der angeschlossenen Solarmodule darf jedoch bis zu 2000 Watt haben. Zudem soll die Anmeldung beim Netzbetreiber entfallen, man muss die Anlage nur mehr bei der Bundesnetzagentur melden.

Feststeht, dass die neuen Änderungen den Kauf eines Balkonkraftwerks noch attraktiver machen werden. Falls Sie die Anschaffung einer Mini-Solaranlage planen, empfehlen wir Ihnen einen Blick in unsere Förderübersicht 2023 zu werfen (aktuell gibt es bis zu 500 Euro Förderung je nach Region)

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Werden bald Balkonkraftwerke mit 800 Watt Einspeisung erlaubt?

Laut der aktuellen Fassung der Photovoltaik Strategie 2023 der Bundesregierung wird die Grenze bei Balkonkraftwerken von 600 Watt demnächst auf 800 Watt erhöht. Bis zu dieser Grenze ist eine vereinfachte Anmeldung der Anlage zulässig. Geplant ist außerdem, dass der bürokratische Aufwand der Anmeldung von Kleinsterzeugungsanlagen minimiert wird.

Ist ein 800 Watt Balkonkraftwerk aktuell erlaubt?

800 Watt Balkonkraftwerke sind bereits erlaubt – sofern diese von einem Elektriker installiert und in Betrieb genommen werden. Wer mit einem 600W Wechselrichter einspeist, der kann die Anlage selbst in Betrieb nehmen. Diese Grenze soll jetzt auf 800W gehoben werden. Zum aktuellen Zeitpunkt wissen wir noch nicht, wann das Gesetz von der Bundesregierung erlassen wird. Experten gehen von Ende 2023 aus.

Sind bald Zähler ohne Rücklaufsperre für Balkonkraftwerke erlaubt?

Der Photovoltaik Strategie der Bundesregierung zufolge sollen veraltete Ferraris Stromzähler ohne Rücklaufsperre für den Betrieb eines Balkonkraftwerks geduldet werden. Aber nur solange, bis der alte Zähler durch eine moderne Messeinrichtung (digitalen Stromzähler) ausgetauscht wurde. Ein Dauerhafter Betrieb mit einem Ferraris Zähler sei nicht geplant.

Soll man jetzt mit dem Kauf eines Balkonkraftwerks warten?

Die Anhebung der Bagatellgrenze auf 800 Watt macht keinen großen Unterschied in Bezug auf den Ertrag. Die meisten Hersteller bieten derzeit Sets mit 800W Solarmodul Spitzenleistung an. In Kombination mit einem 800W Wechselrichter ist das nicht sinnvol, da dieser immer im Teillastbereich arbeiten muss und niemals 100% Auslastung erreicht. Dadurch ist er weniger effizient. Unsere Empfehlung: Warten Sie nicht mit dem Kauf.

Was ändert sich 2023 für Balkonkraftwerke?

Mit der Senkung der Umsatzsteuer auf 0% bei allen Photovoltaik Komponenten und dem Wegfallen de 70% Regelung wurden bereits die ersten Hürden für Balkonkraftwerke aus dem Weg geräumt. Anschließend hat sich der VDE für vereinfachte Regelungen bei Mini-Solaranlagen ausgesprochen. Als nächstes plant die Bundesregierung mit ihrer Photovoltaik Strategie zahlreiche Erneuerungen wie zB. das Anheben der Grenze auf 800W, die Vereinfachung für Mieter, die Duldung von rücklaufenden Stromzählern, sowie die Erlaubnis zum Anschluss per Schuko-Stecker.

Aktuell steht noch kein konkretes Datum fest, an dem die neuen Gesetze kommen sollen.

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